Dass ich in Buenos Aires ausgerechnet ein Zimmer mit Blick auf einen Friedhof bekam, ließ sich vielleicht bei dem ausgewählten Hotel nicht vermeiden, weil wohl alle Zimmer mehr oder weniger darauf schauten, aber eigentlich war es kein Zufall. Jeden Morgen fiel mein erster Blick auf die Stelen und Skulpuren der Gräber, die marmornen Mausoleen, die fast elegant wie eine eigene kleine Stadt vor mir lagen. Wie schön fand ich diesen Blick! Wie schön erst fand ich die einzelnen Grabstätten, als ich unten durch diese Stadt der Toten ging.
Wie Menschen, wie verschiedene Kulturen ihrer Toten gedenken, habe ich mich damit nicht die letzten fünf Monate intensiv auseinandersetzt? Die Toten, ihre verklungenen Stimmen, ist das nicht das Ostinato aller der Werke für die documenta 14, die ich in den vergangenen Monaten versucht habe zu verstehen? Mounira, Lala, Michel, Daniel und auch Marta, ist nicht alle ihre Kunst auch eine Erinnerung an die vielen unsinnig gestorbenen Menschen? Die vielen Friedhöfe im Kosovo, als ich mit Lala unterwegs war. Alle 200 Meter – ein Friedhof, ein Mahnmal, eine Gedenkstätte. Im ständigen Angesicht für die jungen, die Kinder, die nicht dabei waren, deren Vater, Onkel hier begraben sind. Und diese weiten Felder, die sich geradezu idyllisch in die Landschaft ausrollen. Sie tragen alle einen Beinamen “Massaker von…”. Oder Mouniras Geschichten aus Beirut, die Toten der Straße. Oder Michels Irakkrieg-Bilder.
Der Tod ist präsent, und zum Glück auch das Gedenken, das würdevolle Gedenken an die Toten. Bringt dieser Friedhof alles das nun zum Schluss der Dreharbeiten in dieses eine Bild? Das ist vielleicht ein bisschen zu plakativ und meiner Sentimentalität geschuldet. Aber sie wird existentiell, diese documenta 14, berührend existentiell.
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