Michel Auder steht im EMST, im 3.Stock, und leuchtet seine Video-Installation “Gulf War – TV War” aus. Alles rot, aber das täuscht. Es ist dezent dunkel, denn wer fernsieht, macht das ja auch nicht im Stockdustern, meinte Michel.
So eine Ausleuchtung braucht viele Leute. Kunst ist am Ende, wenn es im Museum zum Stück kommt, immer Teamarbeit. Ich habe mal im Städel Museum Frankfurt sechs Leute beim Überlegen zugesehen, wie der Zeilenabstand der die Kunstwerke beschreibenden Wandtexte auszusehen hat. Na dann, denkt man sich, wie viele Leute brauchen die denn wohl erst bei echten Problemen. Aber darum geht es nicht. 12 Augen sehen einfach besser als nur 2. Michel war jedenfalls happy mit dem dezenten Rot und das Ausleuchten nach einer knappen Stunde vorbei. In allen größeren Instituten hier in Athen, die nur irgendwie Raum und Atmosphäre bieten, um Künstler und Kunst zu präsentieren, wird gerade gewerkelt. Alles ist so Baustelle, überall laufen Aufbauarbeiten für Kunstwerke, dazwischen springen Leute herum, die Performances einstudieren oder Fotografen, die alles schön dokumentieren. Das ist unglaublich. Allein das EMST scheint total entkernt.
Nachdem die Lichtkorrektur mit Michel beendet war, bin ich dann mittags weiter zu Mounira ins Benaki Museum for Islamic Arts.
Die kleinen Krieger, die sie im Januar entdeckt hatte, sind fertig. Sie sind Teil des großen Totentuchs, das sie mit vielen Frauen in den letzten Wochen gestickt hat. Als ich sie zu Beginn des Jahres in Beirut besucht habe, stand gerade einmal die Idee. Nun sieht alles ganz anders aus als gedacht, aber doch der Ursprungsidee sehr ähnlich. Mounira muss in den letzten drei Monaten eine kleine Künstlerwerkstatt unterhalten haben, mit Zeichnerinnen, Stickerinnen, die das alles mit ihr zusammen gefertigt haben.
Es ist ein typisches Bettzelt, wie es Frischvermählte in der Hochzeitsnacht auf Rhodos über ihr Bett hängen. Mouniras Tuch ist allerdings ein Totentuch, gewidmet allen denen, die auf der Flucht aus Syrien oder aus dem Irak ihr Leben verloren haben. Dort, wo eigentlich das Bett stehen sollte, sind die Geschichten der Gestorbenen aufgebahrt.Ja, aufgebahrt. Alles ist feinste Stickarbeit, bei der ihr sehr viele Frauen geholfen haben. Es war ein Gemeinschaftsprojekt, sagte sie mir heute. Eine kleine Künstlerwerkstatt, für die am Ende nicht einmal ihr Atelier in Beirut mehr reichte und sie in die großzügigen Räume ihrer Galeristin umzog. Und wieder einmal blieb es nicht bei einer Geschichte, ja, die große Geschichtenerzählerin Mounira al Solh hatte mich mal wieder gefangen.
Kommentar verfassen